Nach der Enttäuschung von gestern wegen des entgangenen Abendessens, wollte ich eigentlich noch einen Tag bleiben, um in den Genuss einer ordentlichen Mahlzeit zu gelangen, entschloss mich jedoch nach  ausgiebigem Frühstück, doch weiter zu fahren. Wenigstens bis Münster.

Bei Kanalkilometer 71, 5 war die Schleuse nach knapp 4 Std erreicht. Vorher hatte ich in Hiltrup noch einen Tankstopp eingelegt. Der Tagestank muss ja regelmäßig nachgefüllt werden. Jetzt wartete ich vor der Schleusenanlage Münster. Angemeldet hatte ich mich. “Sie müssen warten” war die Antwort des Schleusenpersonals. “Wir haben Schierigkeiten mit einer Kammer - die mittlere Kammer ist außer Betrieb und die rechte Kammer stillgelegt. Wenn wir wissen, wie es weitergeht, sagen wir Bescheid.”

Na denn mal zu . . . So verging Stunde um Stunde. Drei Stunden wartete ich schon, als der Schleusenmeister über die Durchsage-Anlage mir mitteilte, dass aus der linken Schleusenkammer gleich ein Binnenschiff käme. Ich solle, sobald es möglich sei, in die Kammer einlaufen. Nicht auf das Signallicht achten, da dieses defekt sein.

So machte ich es denn auch. Es war schon später Nachmittag, als ich Münster endlich hinter mich lassen konnte. Weil auch in Münster nach der Schleuse kein vernünftiger Hafen mehr auftauchte, fuhr ich noch bis zur 9 km entfernten “Marina Alte Fahrt Fuestrup”

 

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Die Marina Fuestrup liegt in einem rechten Seitenarm des Dortmund-Ems-Kanals. Anlegemöglichkeiten auf beiden Seiten. In dem Seitenarm sind auf der rechten Seite Hafenbüro und Restaurant. Da der Seitenarm sehr lang ist, müsste man einen langen Fußmarsch machen, um auf die andere Seite zu kommen, wenn man sich, wie ich, an der linken  Seite für einen Liegeplatz entscheiden muss. Dagegen hilft eine Fähre, die von “Dover” nach “Calais” führt. Mit Muskelkraft, der eigenen, betrieben.

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Marina Fuestrup

Ein Restaurant gab es auch. Da die Marina auch über einen angeschlossenen Campingplatz und Reisemobilparkplatz verfügt, war es in dem Restaurant sehr voll. Auch das Ambiente gefiel mir nicht - war eher eine Pommes-Bude. Und laut. Der Lärm der sich anschreienden Gäste drang bis nach draußen. Zwar mit einem sehr großen und bunten Wandgemälde ausgestattet - doch “Einladend” wirkte es nicht auf mich. Ein Blick auf die Speisekarte zeigte dann auch - Schnitzel- und Frittenbude. Wer Hunger hat, kann ihn hier stillen. Steaks gab´s auch: Argentinisches Steak “Bife de Cuadril” (Hüftsteak) - 18,90 e. Jede Beilage extra: Pommes (!), Kroketten/Röstis - 2,50 €, “Kaiser Gemüse”: 3,50 €, Sauce Hollandaise (Mehlsoße - gehört nun gar nicht zu Steak) mit “Pfeffer und Champignons”: 3,00 € . . . nein danke!

Also wieder Bordküche.

Das nächste Ziel: Bad Essen im Mittelland Kanal. Dort war eine zugelassenen Sportbootliegestelle direkt Bad Essen gegenüber. Gute Einkaufsmöglichkeiten. Zwei Tage waren für Bad Essen eingeplant. Zwar ein schön großes Etappenziel - aber da die Lioba in den Stillgewässern der Kanäle schon bei 1400 Upm 14 Kilometer die Stunde lief, sollte das zu schaffen sein. Normalerweise fahre ich selten mehr als ca 5 Std pro Tag. Bis Bad Ems waren es aber fast 80 Km - also ca 6 Stunden - ungerechnet der notwendigen Tankstopps alle 2 1/2 Stunden. Aber das sollte mal sein.

Schietwetter, kalt, windig, Regen. War ich bisher immer vom Achterdeck aus gefahren, zog ich mich jetzt auf den Fahrstand unter Deck zurück. Zwar war hier das Motorgeräusch lauter zu hören, dafür war es aber kuschlig warm. Nur die Sitzgelegenheit war ziemlich unbequem. Das müsste geändert werden - wie so vieles, was mir während der Fahrt bisher aufgefallen war.

Am späten Nachmittag traf ich in Bad Essen ein. Eine neue Marina, die erst vor wenigen Tagen eröffnet worden war, lud zum Verweilen ein. Auf der Seite des Kanals, wo auch das Einkaufzentrum lag. Prima, so konnte ich mir einen langen Fußmrsch ersparen. - Leider hat der Planer der Marina wohl an kleinere Boote gedacht, die dort anlegen würden. Mit meiner über 3m breiten Lioba war eine Box, die eigentlich für 2 Boote gedacht war, belegt. Ein weiteres Boot passte da nicht mehr mit ´rein. Dem netten Hafenmeister war das auch schon aufgefallen. “Soll noch geändert werden.” War sein Kommentar.

Die Marina war noch nicht ganz fertig. Ein Bautrupp aus Polen war damit beschäftigt, Gehwegplatten zu verlegen. Wenn man an Land wollte, führte der Weg über das Baustellengelände. Mir ist dabei ein Malheur passiert.

Um die Gehwegplatten in “Reih´und Glied” verlegen zu können, war, unsichtbar für Passanten, die vom Bootssteg kamen, eine Richtschnur verlegt. Ca 10 cm hinter einer Plattenreihe. Ungefähr 2 cm über Grund. Hinter dieser Schnur verfing sich mein rechter Fuß - und ich stürzte Kopfüber zu Boden. Ring- und Mittelfinger der linken Hand wurden dabei verstaucht, schwollen an und schmerzten stark. Die Richtschnur zerriss bei dieser Belastug. - ich schrie das Wort mit “Sch” . . . ein paar Passanten eilten herbei und waren mir beim Aufstehen behilflich. Bis auf die Verletzung der linken Hand war jedoch alles gut gegangen. Als “Trost” für den Unfall brauchte ich für die Dauer meines Aufenthaltes keine Liegegebühr bezahlen. Drei Tage blieb ich in Bad Essen.

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Neue Marina Bad Essen

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Vor zwei jahren war ich zuletzt in Bad Essen. Damals wurde gerade mit dem Bau der neuen Anlage entlang des Kanals begonnen. Es war abzusehen, dass etwas  geschehen sollte - ich ahnte aber nicht, dass auch eine Marina hier gebaut werden sollte. Dennoch ließ ich mir nicht nehmen, dass damals gerade erschlossenen Gelände zu fotografieren.

Um zum Einkaufszentrum zu gelangen, musste man 2013 noch über die Gleise turnen. Entlang der Gleise gelangte man zu der Brücke, die zu dem Liegeplatz auf der anderen Seite des Mittelland Kanals führte, wo ich schon öfter gelegen hatte. Bad Essen ist zum Prviant bunkern immer gut geeignet. Ein Supermarkt, Aldi, Textilläden, Drogerie und Imbis - alles da. Ein Stück weiter entfernt sogar ein Baumarkt und eine Tankstelle, falls man auch Treibstoff brauchen sollte.

im Bau befindliche Anlage

alter Liegeplatz Bad Essen

Von Bad Essen bis Minden sollte die nächste Tagesetappe sein. 35 Kilometer mit einem Nachtankstopp. Nicht sehr anstrengend - In Minden konnte ich dann auch wieder meine inzwischen fast leeren Kanister wieder mit Treibstoff auffüllen.

So ging es denn am nächsten Tag weiter. Das Wetter hatte sich inzwischen auf wieder gebessert. Fast Frühlingshaft. Wurde aber auch Zeit, immerhin hatten wir schon Juni.

Bei Km 70,6 - nach 10 km Fahrt, legte ich kurz bei Wassersportverein Preußisch Oldendorf an, um meinen Tagestank nachzufüllen. Nach 26 weiteren Kilometern war der Mindener Yachtclub erreicht.

Eine Nacht Aufenthalt. Beim Hafenmeister hatte ich für den nächsten Morgen den “Tankwagen” bestellt. Meine Kanister mussten ein lestes Mal vor dem Heimathafen aufgefüllt werden. 250 Lieter Diesel gingen in die Kanister.

Pünktlich um 10.00 Uhr war ich an der Schachtschleuse. Mit dem Schleusenwärter hatte ich mich verabredet. Ich könne mit der “Poseidon” - einem Ausflugsschiff, zur Weser absteigen. - Es ging dann auch gleich los. Um 10.45 war ich in der Weser. Hui - machte das Spaß! Mit 17 - ja manchmal bis knapp 20 Km die Stunde ging es jetzt mit Strom die Weser talwärts. Vorbei an der Ziegelei “Heisterholz”, bis zur Schleuse Peterhagen. 14 km. Nach dem Schleusen - “Tagestank” auffüllen - und weiter. 11 Kilometer - Schleuse Schlüsselburg. 13,5 Kilometer - Schleuse Landesbergen. “Tagestank” nachfüllen - weiter. Noch 14 Kilometer bis Nienburg.

Dort machte ich beim “Kanu-Club Nienburg” fest. Eine Ãœbernachtung - und weiter. Die Weser war ich ja schon x-Mal rauf und runter gefahren. Sie bot nichts Neues für mich. Ich wollte so schnell wie möglich nach Bremen.

Am nächsten Morgen weiter. 10 Km bis Schleuse “Drakenburg”. Schleusen - “Tagestank” auffüllen - weiter. 13 Km bis Hoya. - “Tagestang” auffüllen - weiter. 11 Km bis Schleuse Dörverden. Schleusen - “Tagestank” - weiter. 12 Km bis Mündung der Aller - 6 Km bis Schleuse “Langwedel”. Schleusen, “Tagestank” - weiter. 25 Km bis zur Bremer Weserschleuse. Um 19.00 Uhr machte ich mit meiner neuen “Lioba” am Anleger meines Wassersportvereins fest.

Endlich Zuhause.

Zuhause - und das Achterdeck voller leerer Dieselkanister.

Jetzt galt es, alsbald das Unterwasserschiff zu inspizieren, ob da alles in Ordnung ist. Der Wassersportverein Hemelingen verfügt über eine hervorragende Krananlage. Mit der wollte ich mein Schiff aus dem Wasser heben lassen. Ich setzte mich mit dem Hafenmeister in Verbindung - und vereinbarte einen Krantermin.

Bei der Gelegenheit wollte ich auch gleich eine Schablone vom Unterwasserschiff anfertigen, nach der ich dann die Aufnahme für den noch zu erbauenden Trailer fertigen konnte. Einen neuen “gebraucheten” Trailer musste ich auch noch besorgen, da der für die alte Lioba vorhandene sicher nicht für das doppelt so schwere neue Schiff reichen würde.

Bei der Trailersuche kam mir der Umstand zu Hilfe, dass just zu dem Zeitpunkt die “Marina Oberweser” mehrere Trailer aus dem Insolvenzangebot zu verkaufen hatte. Einer davon war für meine Zwecke sehr geeignet, so dass ich ihn kaufte. Mit einem geliehenen Trecker, den Trailer im Schlepp, fuhr ich dann von Hemelingen mitten durch die Stadt, bis zum Vereinsgelände. Ganz schön anstrengend einen Trailer mit Ãœberbreite durch den Stadtverkehr zu manöverieren. Ob das alle ganz legal war, kann ich nicht beurteilen. Die Polizei, der ich auf der Fahrt insgesammt zwei Mal begenete hatte jedenfalls offenbar keine Bedenken. Sie ließ mich fahren.

An einem Freitag fuhr ich dann die gut 5 Km zum Wassersportverein Hemelingen. Morgen sollte gekrant werden. Alles klappte wunderbar. Da ich nicht das genaue Gewicht des Boote4s wusste, bat ich den Hafenmeister, der das Boot aus dem Wasser hob, doch mal einen Blick auf die eingebaute Waage zu werfen. Ich war bisher immer von ca 7 t ausgegangen. Die Waage des Kranes zeigte jedoch nur knapp 4,5 t an. Ob das stimmte? Noch mal ins Wasser, noch Mal anheben - es blieb bei den 4,5 Tonnen. Kann ich aber nicht glauben. Da stimmte sicher die Waage nicht.

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Das Unterwasserschiff war in Ordnung. Keine Beschädigungen, keine Osmose - alles O.K. Es war auch kaum Bewuchs vorhanden. Ein paar kleine Muscheln, das wars auch schon. Lediglich vor dem Kühlwasseransaugstutzen hatte sich eine Auster festgesetzt, die den halben Stutzen versperrte. Das war auch mit ein Grund, warum der Kühlwasserdurchfluss auf der Überführungsfahrt trotz des neuen Impellers immer noch nicht ausreichend gewesen war. Die im Süßwasser abgestorbene Auster zu entfernen, war jedoch kein Problem.

Die vorhandenen Opferannoden hatten alle gut gearbeitet. Ich war zufrieden - und “Schäl” konnte sein Restgeld nach Abzug meiner Unkosten  bekommen.

Die Schablonen konnte ich auch anfertigen. Dazu dienten die im Bild zu sehenden Dachlatten. Nach einem weiteren Tag im Hafen des Wassersportvereins Hemelingen, fuhr ich zurück zu meinem Verein. Der Trailerbau konnte beginnen.

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